Islamismus – eine Bedrohung für Hamburg?
Exklusiver Vortrag mit Torsten Voß, Leiter Landesamt für Verfassungsschutz, Hamburg
Islamismus in Deutschland - was hat das mit uns und unseren Familien zu tun? Mehr als wir ahnen oder weniger als wir befürchten? Am 21.2.2017 gab es die Gelegenheit, die eigene Meinung zum Thema 'Islamismus' zu überdenken. Torsten Voß, Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) in Hamburg, kam auf Einladung unseres Clubs nach Aumühle.
Voß begann seine Laufbahn vor 35 Jahren bei der Polizei, leitete unter anderem fünf Jahre die Spezialeinheiten der Polizei Hamburg (SEK/MEK). Als Büroleiter in der Innenbehörde arbeitete Voß für insgesamt vier Innensenatoren in Hamburg. Den Hamburger Verfassungsschutz leitet er bereits im dritten Jahr. Er lässt die Besucher im gut gefüllten Theatersaal des Augustinums teilhaben an seinem professionellen Blick auf das Gefährdungspotenzial.
Das Neue an dieser Bedrohung sei, dass sie so nah sei, mit diesem Statement begann Voß seinen Vortrag.
Seit 2012 hält diese hybride Organisation die Welt in Atem, und seitdem ist die Anzahl der gewaltbereiten Salafisten und Jihadisten in Deutschland stark gestiegen. Seit 2014 wurden Anschläge auch in Deutschland und Europa angekündigt. Anhänger haben diese Ankündigungen mittlerweile unter anderem in Frankreich, Belgien und auch in Deutschland umgesetzt, zuletzt auf dem Weihnachtsmarkt in Berlin.
Vor allem Menschen, die Orientierung suchen, die möglicherweise Brüche in der Biografie haben, etwa Stress im Elternhaus, in der Schule, in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz, sind für radikale Ideen anfällig. Sie lassen sich von der Ideologie einfangen, einer Ideologie, die auf komplexe Fragen des eigenen Lebens einfache Antworten zu finden vorgibt. Einmal der Held sein, scheint immer wieder junge Menschen anzuziehen, auch wenn dabei möglicherweise das eigene Leben aufs Spiel gesetzt wird. Geworben werde über das Internet, außerdem über die entsprechenden Peer Groups, beispielsweise an Schulen oder anderen Örtlichkeiten wie Gotteshäusern.
Auch wenn die Terrororgansiation ihr erobertes Territorium verliere, sei das kein Grund zur Hoffnung, die gesamte Terrormiliz würde ebenso schnell verschwinden. Die Kommunikation laufe über das Internet. Daher könne sie auch virtuell fortbestehen und via modernste Medien am großen Endziel festhalten: die Schaffung eines Kalifats auf Erden. Daran bestehe kein Zweifel, so Voß.
Da wird die Frage nach Maßnahmen des LfV, aber insbesondere auch weiterer Behörden und Einrichtungen besonders dringend. Auch hierzu gibt es einige Fakten. Eine gelungene Sozialisation durch Eltern, Schule etc. sei häufig ein wirksamer Garant gegen Radikalisierung. Zudem bestehe in Hamburg ein professionelles Präventionsnetzwerk im Kampf gegen religiös motivierten Extremismus. Die hier angeschlossene Hamburger Beratungsstelle LEGATO beispielsweise betreut junge Menschen, die auffällig geworden sind – um zu verhindern, dass sie vollständig abgleiten. Doch ist etwa von Fällen aus der Presse auch bekannt, dass mancher Täter öffentlich nie aufgefallen ist. Man sieht dem Attentäter seine Pläne nicht an. Dies ist eine große Herausforderung in der Implementierung von Präventionsmaßnahmen. Eine wirkungsvolle Prävention seien persönliche Berichte radikalisierter Menschen, die ausgereist sind, überlebt haben und von ihren dramatischen Erlebnissen erzählen können. So hat das LfV kürzlich auf seiner Homepage eine Audiobotschaft eines 17-jährigen veröffentlicht mit dem Ziel, mit seinem Schreckensbericht potenzielle Terroristen abzuschrecken und zugleich auch zu warnen: „Die schicken die Brüder einfach in den Tod!" Der junge Mann selbst starb mutmaßlich kurz darauf in Syrien.
Torsten Voß: „Von allen ausgereisten 'Kämpfern' kehrt immerhin ein Drittel wieder nach Deutschland zurück – diese Personen stehen im besonderen Fokus der Sicherheitsbehörden." Nicht nur gewaltbereite Männer würden rekrutiert, auch Frauen verspreche man über das Internet ein Land, in dem Milch und Honig flössen. Die Realität allerdings sieht anders aus: Ausgereiste Frauen kehren meist nicht mehr heim. Die Frauen werden verheiratet, versklavt, müssen Kinder gebären, erklärt Voß. Stirbt „ihr" Kämpfer, werde die Frau einfach weiterverheiratet.
In der anschließend anregenden Diskussionsrunde kommen auch kritische Fragen aus dem Publikum. Die den Abend leitende Frage, ob der Islamismus eine Bedrohung für Hamburg und Umgebung darstelle, wurde von Voß schließlich mit einem eindeutigen „Ja" beantwortet.
Wir bedanken uns bei Torsten Voß für seine Zeit, die er sich für diesen anregenden Vortrag genommen hat, der manchen Gast nachdenklicher zurückließ als vorher. Wir freuen uns zugleich über den guten Erlös aus den Eintrittsgeldern, welcher wie gewohnt komplett in die laufenden Projekte des ZONTA Clubs einfließen. Vielen Dank auch an das Team des Augustinums, das uns den Veranstaltungsraum zur Verfügung gestellt hat.
Z Dr. A. Rohde
Mitgl